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Über das erwachsen werden



Das Haus meiner Eltern, mein Elternhaus, ist verkauft.

Letzte Woche waren die sogenannten

" Rümpelmänner" da, und haben alle Zimmer im Haus komplett leer geräumt.

Vorher habe ich nochmal alle Schränke durchgeschaut, um mir wichtige Dinge mitzunehmen.

Strickjacken von meiner Mutter, Fotos, Briefe , die wir uns geschrieben haben.

Heute war ich das erste Mal im Haus, nach der Räumung.

Ich hatte Angst davor, es war so endgültig, dieses Gefühl war fast noch intensiver als auf der Beerdigung.

Auf dem Weg zum Haus spüre ich wieder diese unendliche Traurigkeit, den Kloß im Hals, das Gefühl, nicht atmen zu können.

Ich drehe zum letzten Mal den Schlüssel im Türschloss um und trete ein.

Eine unheimliche Stille empfängt mich. Ich suche den Lichtschalter und schalte ihn an.

Dort, wo vorher noch alle Möbel standen, Kleidungsstücke und Schuhe als Beweis, das dort Menschen gelebt haben...Alles weg.

Ich will ehrlich sein: es hat mich überrollt, überwältigt.

Bis vor kurzem konnte ich noch auf dem Lieblingssessel sitzen, oder auf der Küchenbank , wo wir gemeinsam Kaffee getrunken haben.

Ich konnte mich auf das Bett setzen und über Kissen und Bettdecke streichen.

Es war irgendwie noch alles da und in Wirklichkeit nichts.

Jetzt ist die einzige Sitzmöglichkeit der Boden. Ich setze mich auf den Boden und lasse jede einzelne Träne zu.

Gehe nochmal durch jeden Raum , ganz bewusst .

Hier, hier stand immer der Weihnachtsbaum, dort war mein Zimmer.

Die Badewanne steht gelangweilt und unbeteiligt in der Ecke. Ich habe dort so gerne gebadet.

Diese eine kleine Schramme im Holzboden ist von einer Glasschüssel, die mir aus versehen runtergefallen ist.

Ich erinnere mich an so vieles und teilweise lache und weine ich zugleich.

Ich verabschiede mich innerlich von jedem Zimmer und verlasse das Haus. Trete ein letztes Mal durch die Haustür und lege die Schlüssel in den Briefkasten.

Mittlerweile ist es dunkel. Ich setze mich ins Auto und atme tief durch. Das Wetter könnte passender nicht sein. Strömender Regen und fast schon stürmisch. Die Straßen sind leer, das Haus ist dunkel, leblos.

Ich lehne meinen Kopf zurück, schließe die Augen und höre den prasselnden Regen auf dem Autodach.

Ich nehme Abschied, was bleibt sind Erinnerungen. Wie auch heute, dieser Moment, eine Erinnerung sein wird.

Das Leben besteht aus Erinnerungen, wir lernen aus Erinnerungen.

Was bleibt, ist Liebe ❤️

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